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Dienstag,
1. Mai 2001 / 21 Uhr
VERSHKI
DA KORESHKI
(Senegal, Rußland,
Indien)
Mola
Sylla - Vokal, Kongoma,
Xalam Alexei Levin -
Akkordion, Klavier,
Jew's Harp Vladimir
Volkov - Double Bass Sandip
Bhattacharya - Tabla,
Vokal
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Zwitschennaschine
Jeder,
der die Bilder Paul
Klees liebt, wird
sich schon gefragt
haben, wie wohl die
fantastisch
verschrobene
Apparatur klingen
mag, die auf dessen
Gemälde "Die
Zwitschermaschine"
abgebildet ist. Am
Freitag Abend konnte
man es in der
Schreinerwerkstatt
der Kammerspiele hören.
Da traktierte
inmitten rasselnder
Muschelkettenklänge
und indischer
Percussion, bunten
Plastiktröten
und einem russischen
Akkordeon Vladinür
Volkov seinen
Kontrabass so lange,
bis der durch den
Saal zu schweben
schien und die
absonderlichsten Geräusche
von sich gab.
Vershki
Da Koreshki, das
sind vier Solisten völlig
unterschiedlicher
musikalischer
Herkunft, die im
Zusammenspiel alle
ihrer eigenen
Tradition treu
bleiben. Das klingt
frisch und spannend
und hebt sich
wohltuend von all
den
One-world-Ensembles
ab, die so lange
irgendwelche Einflüsse
zusammen mantschen,
bis der immer
gleiche
WOM-kompatible
Soundbrei entsteht.
Der Inder Trichy
Sankaran entwickelt
auf der Mdrangan
hochkomplexe
Rhythmen und
versprachlicht
zwischendurch in
einem furiosen Solo
die langen Patterns
zu Vokalketten, die
aus Schwitters'
Ursonate stammen könnten.
Der Pianist Alexei
Levin arbeitet den
Abend über an
der musikalischen
Einbürgerung
Thelonious Monks in
die russische
Moderne; raffiniert
verwebt er
Cooljazzharmonien
mit Schostakowitsch
und atomisiert dann
diese verfremdeten
Melodielinien und
Harmonien zu
perkussiven Klängen.
Mittelpunkt
des Ensembles ist
bei den Auftritten
stets Mola Sylla:
Der senegalesische
Percussionist hat
auf Stuhl allen möglichen
Krimskrams liegen,
dem er im Verlauf
des Abends ebenso
spannende Klänge
entlockt wie den
traditionellen
Instrumenten Mbira
und Ngomi. Dazu
besitzt Sylla eine
wunderbar volle
Stimme, die in ihrem
nasalen Tremolo mal
nach Youssou N'Dour,
mal nach Tracy
Chapman klingt. Und
inmitten dieses
hochintelligenten
Experiments in
Sachen Ethnofreejazz
klettert Volkov auf
dem Griffbrett
seines Kontrabasses
in einer
Irrsinnsgeschwindigkeit
durch den
Quintenzirkel,
spielt angeschrägte
Patterns und bringt
den klobigen Kasten
zum Schweben und
Zwitschern. Wie
schrieb doch Paul
Klee: "Es wären
Aufgaben zu stellen
wie etwa: die
Konstruktion des
Geheimnisses.
Fassungslosigkeit
durch Überraschung.
Dass ethischer Ernst
waltet und zugleich
koboldisches Kichern
über Doktoren
und Pfaffen. (ALEX
RÜHLE / Süddeutsche
Zeitung)
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